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So titelte die Allgemeine Zeitung Mainz ein Interview mit Hans Schäfer, Vorsitzender der SPD-AG 60plus-Rheinhessen am 16.08.2018..
KLEIN-WINTERNHEIM. Den Erneuerungsprozess fortführen und die Meinungsführerschaft bei sozialen Themen wieder übernehmen, das sind für Hans Schäfer wichtige Voraussetzungen für ein Wiedererstarken der krisengeschüttelten SPD. Der 75-Jährige aus Klein-Winternheim ist gerade als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft (AG) „60 plus“ der SPD Rheinhessen wiedergewählt worden.
Herr Schäfer, wie sind Sie zur SPD gestoßen?
Ich bin aus sozialen Gründen in die Partei eingetreten, denn ich gehörte zu den wenigen Arbeiterkindern, die in Kaiserslautern das Gymnasium besuchten konnten. Aber meine nicht sehr betuchten Eltern mussten Schulgeld bezahlen, das war für mich nicht nachvollziehbar. Denn Bildung sollte unabhängig vom Geldbeutel der Eltern möglich sein. Ich bin auch in die SPD eingetreten, weil mir schon damals Europa und ein anders Deutschland wichtig waren.
Heute ist die SPD auf unter 20 Prozent Zustimmung abgerutscht. Was läuft falsch?
Inzwischen bin ich 55 Jahre Mitglied in der SPD, habe viele Höhen und Tiefen erlebt. Die Partei muss endlich wieder lernen, mehr zuzuhören, was der sogenannte kleine Mann möchte. Denn die Menschen fühlen sich nicht ungerecht behandelt, soweit die Anspielung auf den SPD-Wahlslogan „Mehr Gerechtigkeit“, sondern sie fühlen sich unsicher.
Und welche Themen beschäftigen die Menschen?
Es geht um Antworten auf Fragen wie „Was ist mit dem Alter und der Rente?“, Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung?“, „Sind Gesundheitsversorgung und Pflege gesichert?“ und „Sind wir noch sicher auf unseren Straßen?“ Wir verstehen uns dabei in der AG „60 plus“ nicht als Interessenvertretung der Alten, sondern beschäftigen uns mit vielen aktuellen Themen. Gerade die Rente betrifft alle, gerade unsere Kinder und Enkel.
Und das Dauerthema Flüchtlinge?
Die SPD muss bei allen sozialen Fragen, auch beim Thema Migranten, wieder die Meinungsführerschaft übernehmen und darf nicht auf Tauchstation gehen. Wenn die Partei klare und verständliche Vorstellungen formuliert, dann findet sie wieder mehr Zuspruch. Beim Flüchtlingsthema darf nicht am Recht auf Asyl, das im Grundgesetz verankert ist, gerüttelt werden. Gleichzeitig brauchen wir ein Einwanderungsgesetz für eine geregelte Zuwanderung, und es muss mehr Geld in die Entwicklungspolitik fließen.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Wohnungsnot. Welche Erfahrungen machen Sie in der Region?
Ich plädiere nachdrücklich für die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft auf Kreisebene. Die Zuständigkeiten müssen von den Gemeinden auf den Kreis verlagert werden, um eine aktive Bodenpolitik zu betreiben und damit den sozialen Wohnungsbau voranzubringen. Das kann nicht an den Mainzer Stadtgrenzen aufhören. Für mich ist es eine Fehlentwicklung, wenn Neubaugebiete ausgewiesen werden, ohne den sozialen Wohnungsbau mit einer Quote von rund 25 Prozent zu berücksichtigen. Wie dies leider beispielsweise im Neubaugebiet Weinberg in Nieder-Olm geschieht. Das ist keine sozialdemokratische Politik, bei allen sonstigen Verdiensten von Stadtbürgermeister Dieter Kuhl.
Wo liegen weitere Schwerpunkte der Arbeit in der AG „60 plus“?
Wir haben gerade einen Arbeitskreis „Zukunft Rheinhessen“ gegründet. Es reicht nicht, wenn Oberbürgermeister und Landräte sich gelegentlich zum unverbindlichen Meinungsaustausch treffen. Wichtig sind zukunftsfähige Konzepte für die Entwicklung der Region Rheinhessen, insbesondere im Hinblick auf die in Hessen reger werdende Diskussion über die Schaffung einer Metropolregion Rhein-Main.
Das heißt konkret?
Konkret denke ich an den Ausbau des S-Bahn-Netzes, um den ländlichen Raum besser anzubinden und für Pendler attraktiver zu machen; ich denke besonders an den seit Jahrzehnten diskutierten Ausbau der Bahnstrecke zwischen Mainz und Alzey, aber auch an eine bessere Hunsrück-Anbindung. Wichtig ist es auch, bei der wirtschaftlichen Entwicklung nicht nur die zentralen Standorte, sondern die Fläche zu stärken. Da spielt natürlich die ärztliche Versorgung eine zentrale Rolle. Kommunen sollten Anreize für Ärzte schaffen, etwa wenn sie Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.
Das Interview führte Dieter Oberhollenzer, Allgemeine Zeitung Mainz.
DATEN & FAKTEN
Hans Schäfer , 75 Jahre alt, wohnt in Klein-Winternheim, ehemaliger Landesbank-Beschäftigter , zwei Kinder (38 und 42 Jahre alt), ein Enkelsohn (13 Jahre alt).
SPD-Mitglied seit 55 Jahren ; jeweils Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft (AG) „60 plus“der SPD Rheinhessen und der SPD Mainz-Bingen; mit Unterbrechung seit rund 30 Jahren in der Kommunalpolitik aktiv; als Nachrücker Mitglied im Ortsgemeinderat Klein-Winternheim .
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